Handelsblatt (2017):
Immobilien in Ho-Chi-Minh-Stadt: Deutscher Investor baut auf Saigon
Vietnams größte Stadt Saigon ist laut Immobilienberatern eine der dynamischsten der Welt. Der Wohnungsmarkt steht Ausländern offen. Als Anlaufstelle für die deutsche Wirtschaft ist nun ein riesiger Bürokomplex geplant.
Um in Ho-Chi-Minh-Stadt einen guten Eindruck zu hinterlassen, gibt sich Horst Geicke großzügig. „200.000 Euro kostet mich die Wendeltreppe von einem Spezialisten aus Thüringen zusätzlich“, sagt der Immobilieninvestor aus Hamburg bei einem Baustellenbesuch in der vietnamesischen Wirtschaftsmetropole. Zudem verliert er wegen dieser Stiegen im Eingangsbereich 100 Quadratmeter vermietbare Fläche. „Man hat mich deswegen schon für verrückt erklärt“, sagt Geicke während er mit Schutzhelm durch seinen Rohbau läuft.
In zentraler Lage baut Geicke einen 25 Stockwerke hohen Bürokomplex, den er unter dem Namen Deutsches Haus als erste Anlaufstelle für die deutsche Wirtschaft in dem Schwellenland vermarktet. Im August soll das Gebäude öffnen und auf Vietnams Immobilienmarkt neue Standards setzen: Geicke schwärmt von einer energieeffizienten Doppelglasfassade, LED-Beleuchtung, Fitnessstudio und lichtdurchfluteten Decken. Dass sich die Investition in einem Land lohnt, dessen Wirtschaft um fast sieben Prozent im Jahr wächst, steht für ihn außer Frage.
Sein 2014 gestartetes Bauprojekt kommt zur richtigen Zeit: Immobilienprofis identifizierten Ho-Chi-Minh-Stadt in diesem Jahr als einen der vielversprechendsten Wachstumsmärkte der Welt. Das Immobilienberatungsunternehmen JLL bezeichnete die Metropole jüngst als dynamischste Stadt der Welt nach Bangalore in Indien – gemessen an Kriterien wie Wirtschaftswachstum und Bevölkerungsentwicklung. Den Immobilienboom treibt der schnell steigende Wohlstand in dem kommunistischen Land: Laut JLL-Wettbewerber Knight Frank wächst die Zahl von Menschen mit mehr als 30 Millionen Dollar auf dem Konto nirgendwo so schnell wie in der Stadt, die die meisten immer noch Saigon nennen.
Wolkenkratzer soll höchstes Gebäude Vietnams werden
Einer der Superreichen ist der Unternehmer Pham Nhat Vuong, der wie kein Zweiter für die Chancen von Vietnams Immobilienmarkt steht. Der 48-Jährige, der in Moskau studierte, verdiente seine ersten Millionen mit einer Instant-Nudel-Firma in der Ukraine – und investierte das Geld in Hotels, Wohnhäuser und Einkaufszentren in Vietnam. Davon ließ er sich auch durch den Zusammenbruch des Immobiliensektors in Folge der Finanzkrise von 2008 nicht abbringen. Wohnungen und Häuser für die aufstrebende Mittel- und Oberschicht machten ihn zum ersten Dollar-Milliardär des Landes.
Fünf Kilometer nordöstlich des historischen Stadtzentrums von Ho-Chi-Minh-Stadt setzt er sich nun ein Denkmal aus Beton, Stahl und Glas. Sein Wolkenkratzer „Landmark 81“, wird mit 461 Metern das höchste Gebäude Vietnams werden. Das Hochhaus, das 2018 fertiggestellt werden soll, wird Penthousewohnungen, ein Hotel, sowie eine Aussichtsplattform und das größte Einkaufszentrum der Stadt beheimaten.
Der Immobilienmakler Thinh Le glaubt, der Wolkenkratzer werde zur besten Adresse der Stadt aufsteigen: „Die Vietnamesen lieben es, eine Wohnung in einem Wahrzeichen zu besitzen.“ Thinh Le vermarktet das 40 Hektar große Areal rund um den Rekordturm, ein eigener Stadtteil am Ufer des Saigon-Flusses. 40.000 Menschen sollen hier künftig in mehr als einem Dutzend Hochhäusern leben. 95 Prozent der Wohnungen seien bereits verkauft, sagt Makler Thinh Le.
Für besonders reiche Kunden entsteht in der insgesamt 1,5 Milliarden Dollar teuren Anlage eine Siedlung mit Villen zu Preisen um 2,5 Millionen Dollar. „Es ist leicht, sie zu verkaufen“, bemerkt Thinh Le. „Die Reichen wissen nicht wohin mit dem Geld und stecken es in Immobilien.“
Das deutsche Konsulat bezieht eine Etage mietfrei
Die hohe Nachfrage treibt die Grundstückspreise. Die Beratungsfirma CBRE meldet für den populären Distrikt 2 in Ho-Chi-Minh-Stadt einen Anstieg von bis zu 40 Prozent innerhalb eines Quartals. Die durchschnittlich gezahlten Quadratmeterpreise für neue Wohnungen stiegen stadtweit binnen eines Jahres um 13 Prozent.
Am Boom verdienen inzwischen auch Immobilienfirmen aus Singapur, Japan und Korea. Auch für Privatpersonen öffnet sich der Markt: Seit 2015 dürfen Ausländer Wohnungen für 50 Jahre pachten, mit der Option, den Vertrag anschließend zu verlängern. Doch sie halten sich zurück, weil sie fürchten, nach einem Wohnungsverkauf das Kapital nicht außer Landes bringen zu können.
Geicke hatte keine Bedenken, zusammen mit zwei deutschen Partnern rund 100 Millionen Dollar in sein Bürohochhaus zu stecken. Er kooperiert mit der Bundesregierung, die das Grundstück besitzt. Verabredet ist, dass Geicke das Gebäude 30 Jahre lang kommerziell nutzt, bevor es an den deutschen Staat geht. Außerdem bezieht das deutsche Konsulat eine Etage mietfrei. Geicke denkt bereits ans nächste Projekt, ein Wohnhaus. Punkten wolle er mit individueller Architektur, deutschen Baustandards und einem zentralen Wasserfilter: „Luxus in Vietnam ist trinkbares Leitungswasser.“
Handelstblatt, 21.04.2017, Mathis Peer.
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